Pastoralvisitationen des Hl. Ulrich

Am 4. Juli 973 starb Bischof Ulrich von Augsburg, bald danach ist er als Heiliger verehrt worden. Zwischen 982 und 993 verfasste Domprobst Gerhard eine Lebensbeschreibung des Hl. Ulrich. Sie diente als Grundlage für die Heiligsprechung Ulrichs auf der Lateransynode am 31. Januar 993, der ersten offiziellen römischen Kanonisation überhaupt. Aus diesem Werk Gerhards erfahren wir u. a., wie Bischof Ulrich in Erfüllung seiner kanonischen Amtspflicht alle drei Jahre das ihm anvertraute Bistum visitierte.

Wenn er reiste, saß er in einem zweirädrigen Wagen auf einer Bank, die an den Seitenwänden des Gefährts mit Eisenhaken eingehängt war. Bei ihm befand sich einer seiner Kapläne, der unterwegs mit ihm zusammen die Psalmen sang. Diese Art zu reisen zog er dem Reiten vor, weil er dadurch etwas von den begleitenden Leuten getrennt, nicht durch unnützes Geschwätz am Gebet gehindert wurde.

Er ließ sich von erfahrenen älteren Geistlichen und Kaplänen seines Domstiftes begleiten, besonders um den täglichen Gottesdienst mit gebührender Würde feiern zu können.

Wenn er in eine Ortschaft kam, empfing man ihn mit Evangelienbuch, mit Weihwasser und Glockengeläut. Sogleich wurde die Hl. Messe gefeiert. Dann setzte er sich und ließ die Gläubigen vor sich rufen. Kluge und zuverlässige Männer ließ er unter Eid befragen, was in der betreffenden Pfarrei verbesserungsbedürftig sei. Wenn ihm aber Übertretungen der rechten Lebensnorm zu Gehör kamen, bemühte er sich, ohne Ansehen der Person, entsprechend dem Urteil seiner beratenden Kleriker, die Verwirrten auf den rechten Weg zurückzuführen, soweit er sich dazu mit Gottes Hilfe im Stande sah. Kamen Dinge zur Sprache, die schwierig und für seine Beauftragten allein nicht zu bewältigen waren, mussten alle Berater dableiben. Mit ihrer Hilfe versuchte er danach, noch während seines Aufenthaltes eine mit aller Umsicht erwogene, endgültige Weisung geben zu können. Was er aber seinen Helfern am Ort zur Besserung anvertrauen konnte, empfahl er mit Nachdruck ihrer Amtsführung.

Waren die Gespräche und die Spendung der Sakramente beendet, ging Bischof Ulrich in die Herberge, um sich zu stärken. Doch nahm er die Abendmahlzeit nicht eher ein, als der mit der Armenspeisung beauftrage Kleriker die Bedürftigen bedacht hatte. Den Gebrechlichen aber, die mitgekommen waren, wies man in seiner Nähe Plätze an und Ulrich ließ diese reichlich mit Speisen versorgen. Ihre Unterbringung und alle weitere Betreuung ließ es von seinen Dienern sorgsam bestellen.